Montag, 20. Juni 2016

Sommer hinter Dornen von Regina Meißner

Es war einmal in einem fernen Land. Dort wurde eine Königstochter geboren. Alle waren geladen, außer der bösen Fee. Aus Gram verfluchte sie die Königstochter, auf dass sie hinter einer großen Dornenhecke für 100 Jahre schlafe. Nur der Kuss eines Prinzen könnte sie von ihrem Fluch befreien, doch noch ist es keinem der Jünglingen gelungen, die Hürden der Dornenhecke zu nehmen. Noch nie ist einer der Männer wieder zurück gekehrt.


Aria lebt und kämpft für die nächtliche Garde. Dort bekleidet sie den Posten des sechsten Kriegers und ist eine absolute Ausnahme, denn sie ist die einzige Frau, die in der nächtlichen Garde als Kämpferin geduldet wird. Als sie eines Tages den Auftrag bekommt Prinz Cedric auf dem Weg zu dem verwunschenen Schloss hinter der Dornenhecke zu begleiten, sieht sie ihre Chance gekommen sich endlich noch mehr zu beweisen. Doch bereits zu Beginn ihrer Reise muss sie feststellen, dass diese alles andere als leicht wird. Denn Prinz Cedric akzeptiert sie nicht, weil sie eine Frau ist. Außerdem entpuppt sich der junge Mann als nicht kampferprobt und sehr hochnäsig, was die beiden aneinander geraten und immer wieder in prekäre Situationen kommen lässt. Doch mit der Zeit lernt sie den Prinzen besser kennen und fragt sich, warum sie sich in seiner Gegenwart plötzlich so komisch fühlt. Und der Prinz? Will dieser überhaupt wirklich die Prinzessin hinter der Dornenhecke retten?

Ich durfte die kleine Novelle im Rahmen einer Leserunde lesen und hatte eigentlich gehofft, dass sie auch das enthält, was sie in der Vorstellung versprochen hatte. Ich hatte auf eine Märchenadaption gehofft. Doch das Einzige, was mich an Dornröschen erinnert hat, war die Dornenhecke und von anderen Märchen war auch nicht viel zu sehen außer dem Froschkönig und der Tatsache, dass wir hier in der Geschichte einen Prinzen und ein verwunschenes Schloss haben. Ich denke da hätte man viel mehr Spielmöglichkeiten gehabt. Außerdem wird im Inhalt angegeben, dass Cedric Aria das Leben schwer macht und ich hoffte auf gepfefferte Diskussionen zwischen dem zart besaiteten Prinzen und der rauen Kämpferin, aber auch das kam leider zu kurz bis gar nicht vor.
Die Reise der beiden Protagonisten ist leider sehr schnell erzählt, was ich ein bisschen schade fand. Schnell stolpern die beiden von einer Situation in die andere - auch ihre Gegner scheinen nicht wirklich dramatisch zu sein, waren mir sogar etwas zu langweilig. Gewünscht hätte ich mir, auch wenn es eine Novelle ist, dass mehr Beschreibungen gefolgt wären, ob nun auf spannender oder emotionaler Ebene. Die beiden verlieben sich ineinander, aber wieso, weshalb, warum, bleibt meiner Meinung nach doch ein bisschen auf der Strecke. Die Idee an sich ist super, aber ich sage, dass man da viel mehr Umsetzungsmöglichkeiten gehabt hätte. Man hätte es fesselnder schreiben können. So wird der Leser regelrecht von einer Szene in die nächste gestoßen. Oft fehlen auch die spannenden Momente, in denen man mit den Charaktere einfach mitfiebern kann. Lediglich zum Ende hin bekommt der Leser endlich eine gepfefferte Ladung Emotionen. Das hätte meiner Meinung nach dauerhaft so sein können.
Auch das Ende, wenn auch mit einem gewissen Grad an Happy End fand ich sehr lieblos. Da hätte man mehr mit den Emotionen spielen können, mehr draus machen. Sie leben in einer Hütte und sind in den Sommerlanden nicht gern gesehen - und das obwohl sich doch alles zum Guten gewendet hat, dank ihnen. Das fand ich schon ein bisschen hart. Und dann klauen sie auch noch, anstatt, dass man sie für ihre gute Tat irgendwie doch entlohnt? Das ist echt schade.

Aria an sich ist ein sehr starker und gut überlegter Charakter. Sie gefällt mir sehr gut mit ihrer kämpferischen und mutigen Art. Jedoch scheint sie mir auch ein wenig ungeduldig. Als Kriegerin der nächtlichen Garde muss sie sehr stark sein - was mich ein bisschen irritiert hat. Im Buch steht, dass die ersten fünf Krieger der Garde in einem Kampf sind. Nur die fünf - eventuell mit einer Armee. Aber sie sind die Stärksten. Aria ist also die Sechste. Muss also sehr gute Fähigkeiten haben. Doch da kommt bei mir der Schlips ins Rad. Denn sie kommen nicht gegen Fledermäuse an, aber sie ist die Sechste? Das finde ich unlogisch. Genau wie mit dem Troll. Sie war mir doch ein bisschen zu unbeholfen. Sie hat zwar ausgeteilt, aber irgendwie nichts gerissen. Trotzdem muss man sie gern haben. Sie ist einfach sie selbst, gibt sich Tagträumen hin und gesteht sich auch selbst Schwächen ein.

Cedric hingegen ist das genaue Gegenteil. Für den Leser kommt er zu Beginn sehr arrogant und schnöselig daher. Er hat keinerlei Kampferfahrung und scheint im allgemeinen ein echtes Weichei zu sein. Er ist zwar schlau und kreativ, aber irgendwie wird man mit ihm erst einmal nicht wirklich warm. Es fehlt meiner Meinung nach einfach der Bezug, warum sie ihn plötzlich liebt oder er sie. Dass er schließlich alles für sie stehen und liegen lässt finde ich sehr löblich und macht ihn dann doch sympathisch. Besonders, als die Szene mit dem Rätsel ist, schließt man ihn dann doch ins Herz, weil das Rätsel herzallerliebst ist.

Vom Hocker hat mich die Novelle nicht gehauen, aber sie ist ein netter Zeitvertreib und durchaus für Pausen geeignet. Wer mit wenig Emotionen und einer schnellen Abhandlung klar kommt, der kann sich gern an die Novelle wagen. Wer aber Details und viel Märchen sowie eine ganz große Liebesgeschichte sucht, der sollte die Finger hiervon lassen. Ich denke, wenn man die Novelle noch einmal überarbeitet, dann kann sie durchaus etwas werden. Und vielleicht findet man dann auch den Sommer, der hinter der Dornenhecke ist, denn den habe ich auch vermisst - ich habe lediglich die Dornenhecke gefunden.

Idee: 3/5
Emotionen: 2/5
Details: 2/5
Szenenwechsel: 2/5
Spannung: 2/5
Charaktere: 3/5

Gesamt: 2/5



  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 433 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 79 Seiten
  • Verlag: neobooks Self-Publishing (10. Mai 2016)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch

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